Frohes Fest

Premiere:  16.10.2016 - Forum Bad Bentheim

GN 19.10.2015, von Andreas Krzok
Young Boulevard: „Frohes Fest“ feiert Premiere
Der Humor der Komödie „Frohes Fest“ ist so derb, dass Besucher bereits auf der Einladung gewarnt werden. Dennoch glänzte das Ensemble „Young Boulevard“ beim Premierenabend im Forum des Burggymnasiums.

Bad Bentheim. Zwei britische Bobbys mit Helm und Schlagstock, ein grau angeschmuddeltes Ehepaar mit Krückstock und Rollator, ein herbes Mannsweib auf Pädophilenjagd, ein dürrer Pfarrer, ein blondes Mädchen und ein mehr oder weniger totes Chihuahuahündchen – ein Personalmix, aus dem Anthony Neilson in seiner Komödie „Frohes Fest“ einen verteufelt scharfen Cocktail zusammenbraut. Das Grafschafter Vorzeige-Ensemble „Young Boulevard“ warnt schon auf der Einladung die Zuschauer vor tiefschwarzem Humor. Zu Recht, wie sich am Freitag bei der Premiere im Forum des Bentheimer Burggymnasiums zeigte.

Der britische Autor hat weiß Gott kein Stück für Feingeister und prüde Tugendwächter geschrieben. „Frohes Fest“ (das anderswo auch unter „Schöne Bescherung“ läuft) ist gespickt mit deftigen Sprüchen, zupackenden Griffen unter die Gürtellinie und politisch völlig unkorrekten Proklamationen. Das Spiel lebt von Aberwitz, Tempo und Anspielungen auf den Fernseh-Trash, in dem sich Zuschauer von heute auszukennen haben.

Im Epizentrum des Bühnenwirbels (Regie: Klemens Hergemöller) agieren die Polizisten Blunt (Florian M. Pletz) und Gobbel (Nils S:P. Winkelmann). Nicht die Hellsten, nicht die Tapfersten, aber Seelchen unterm Helm. Der Vergleich mit Dick und Doof (Oliver Hardy und Stan Laurel) ist nicht nur von den Rollen her zwingend, sondern wurde auch von Pletz und Winkelmann bravourös beglaubigt. Schon von der ersten Szene an haben sie die Lacher auf ihrer Seite.

Ausgerechnet an Heiligabend sollen sie dem Ehepaar Garson (Jutta Poker) und Balthasar Conner (Ralf Effing) die Nachricht vom Verkehrsunfalltod ihrer Tochter Carol überbringen. Kein Wunder, dass sich die beiden vor einer herzzerreißenden Szene fürchten und ewig herumhampeln, wenn es darum geht, wer auf den Klingelknopf drücken soll. Das erledigt sich dann von selbst, und die Bobbys finden sich im Weihnachtsdekor eines britischen Wohnzimmers wieder.

Ab hier wirbelt nur noch der Slapstick. Das alte Paar, in liebevoller Abneigung zäh verbunden, nimmt die böse Kunde überraschend gefasst hin. Man redet aneinander vorbei. Die Polizisten meinen die tote Tochter. Die Conners glauben, ihr Hund „Mizzi“ habe das Zeitliche gesegnet. Das Chaos ist perfekt, als draußen ein kleiner Köter kläfft. Jetzt kommt die bittere Wahrheit ans Licht: Wenn der Hund nicht tot ist, kann ja nur die Tochter tot sein. Gobbel weiß sich nicht anders zu helfen, als den Chiuahua zu erwürgen und unter seinen Helm zu stopfen. Aber es ist der falsche Hund. Die Conners haben einen großen Labrador…

Das Eintreffen des Pfarrers Shandy (Jonas Potrykus) kompliziert die Lage. Auch er will die Botschaft von der verunglückten Tochter ihren Eltern überbringen. Stattdessen landet er als Leiche im Schrank.

Auftritt des Mädchens Carol (Lara D. Pletz), das prompt mit der tödlich verunglückten Carol verwechselt wird. Die Blondine sucht ihr Weihnachtsgeschenk, eben jenen verewigten Chiuahua. Der Schock streckt sie nieder. Wohin mit dieser Leiche? Gobbel und Blunt stopfen sie kopfüber in eine Truhe (eine Szene, die das Publikum begeistert).

Die martialische Pädophilenjägerin Gronya (Danica D. Pletz) erscheint auf der Bildfläche und glaubt sich der Entlarvung eines Unholds nahe. Wer ist denn nun der Kinderschänder? Vielleicht am Ende gar die beiden Uniformierten? Die wissen sich nur durch eine Lüge zu retten: „Wir sind Glückwunsch-Stripper.“ Gronya sprüht vor Begierde. Das will sie sehen. Und so müssen unsere Helden einen Strip auf die Bühne legen. Und siehe: Der Dritte im Bunde ist Reverend Shandy – in Strapsen!

Zum Schluss sind alle wieder auf wunderbare Weise lebendig. Bis auf den Chiuahua. Nein – doch nicht ganz: Ein Mensch bleibt tot auf der aberwitzigen Walstatt zurück. Wer das ist? Selber angucken!

Ja, „Young Boulevard“ ist auch diesmal wieder sehenswert. Weniger des Stückes wegen, dem mitunter brachialer Humor und Längen auf der Zielgeraden anzulasten sind, sondern vielmehr wegen der tollen schauspielerischen Leistungen des gesamten Ensembles. Wenn man Nils S.P. Winkelmann Extra-Lorbeeren zubilligen möchte, dann schmälert das das Lob für die anderen nicht. Die Rolle des Gobbel ist ihm einfach auf den Leib geschrieben. Das Publikum jedenfalls hatte am Premierenabend viel zu lachen.